Als vor einigen Wochen noch der Regenwald in Brasilien brannte, da war der etwas schüttere Präsident Bolsonaro wahrscheinlich der meistgehasste Regierungschef der Welt nach Donald Trump. Nun hat man jedoch in Brasilia auch mal eine Entscheidung getroffen, die ist nicht nur wichtig, sondern auch ökonomisch interessant – Brasilien erlaubt Cannabis Medizin! Quasi über Nacht entsteht dadurch der mit Abstand größte Markt für Medizinalhanf in Südamerika und zwischen Sao Paulo und Manaus können sich Patienten auf wirksame Alternativen für die chemische Keule freuen. Aber ist das nur ein erster Schritt und wieso legalisiert ausgerechnet der Waffennarr und Brandstifter Bolsonaro das eigentlich ideologisch verteufelte Cannabis?
Schnelle Gesetzesänderung beim Hanf überrascht
Sehr wohl, denn als die Anvista als brasilianische Gesundheitsbehörde am Dienstag bekanntgab, man werde Cannabis als Medizin schon in drei Monaten legalisieren, da waren selbst Experten vor Ort überrascht. Jetzt werden gerade Regularien für die Abgabe erstellt und wir erinnern uns mal an Deutschland, wo Hanf auch erlaubt wurde in 2017 als Medizin, der Prozess jedoch bis heute nicht befriedigend ausgestaltet ist. Bei der Pisa-Studie sind die Deutschen schon Mittelmaß und bei zukunftsträchtigen Projekten wie auch der Cannabismedizin fallen wir unter Merkel und Heiko Maaß immer weiter zurück.
Brasilien machts besser und schneller und wenn die Änderungen alsbald im Gesetzesblatt veröffentlicht sind, dann wird das Cannabis auf Rezept auch ohne Windungen an die Patienten ausgegeben. Der Anbau jedoch darf nicht stattfinden aus brasilianischem Boden, der wird wohl für Sojabohnen gebraucht. Hanf soll importiert werden, vor allem die begehrten Grasblüten für den medizinischen Einsatz. Bolsonaro will die Hanfpflanze in der Summe jedoch von seinen Untertanen fernhalten, da kommt wieder ein bisschen der alte Mann in ihm durch, der am Ende mit Cannabis eben doch nicht wirklich etwas anfangen kann.
Erhofft sich Brasilien ein Cannabis Wirtschaftswunder?
Vielleicht. Dem steht jedoch die Entscheidung contra den Anbau von Hanf entgegen. Nachbarländer wie Kolumbien und Uruguay gründen ihren ökonomischen Boom bei Haschisch und Marihuana eben auch auf den Anbau sowie den Export von Gras – hier legt sich Brasilien mit dem Zuchtverbot selbst unnötig Fesseln an. Nutzhanf ist ja auch erlaubt, daraus lässt sich CBD herstellen. Warum also kein richtiges Cannabis ziehen in staatlich überwachten Hallen indoor oder outdoor auf kontrollierten Feldern? Eigentlich ist das Land mit seiner vielseitigen Landwirtschaft und dem tollen Klima prädestiniert für den Hanfanbau – Kaffee, Zucker und eben Sojabohnen wachsen auch dort ganz hervorragend.
Cannabis auf Rezept nur in registrierten Apotheken: Patienten können den Doktor fragen und bekommen dann den Schein für Cannabis, das ist genauso wie in Deutschland. Allerdings gibt’s dann laut Plan in Brasilien nur ausgewählte Pharmazie- Counter, die Haschisch und Marihuana als Medizin ausgegeben dürfen. Reguliert werden derzeit dazu Aspekte wie Verpackung, Verarbeitung von Gras, Import-Richtlinien und auch die Indikationen für ein Cannabis Rezept sind noch nicht vollständig veröffentlicht. Apotheken mit einer Lizenz werden diese bis zu drei Jahren bekommen, was auch mit speziellen Bedingungen verbunden ist.
Kann legales Cannabis die Drogenkriminalität eingrenzen?
Studien aus den USA zeigen gut auf, wie die Verbrechensrate sinkt bei Hanf legal. Brasilien ist aber seit Jahrzehnten ein krasser Hotspot und eine Drehscheibe für Kokain, was mit der dritthöchsten Zahl an Häftlingen im Knast deutlich wird. Brutale Gangs duellieren sich selbst mit dem Militär. Ewigkeiten wurde von den Regierungen deshalb auch auf Kiffer geschossen und Cannabis Delikte sind mit harten Strafen verbunden. Aktivisten kämpfen schon sehr lange für die Cannabis Legalisierung, die wohl ein gutes Stück Umsatz rausschneiden wird von den Profiten der Kartelle, was den Befürwortern weniger Gewaltkriminalität auf den Straßen nach sich zieht.
Brasilien schaut also weniger auf die Rechte seiner Bürger beim Hanf und interessiert sich wohl auch nicht wirklich für die passgenaue Medizin der Zukunft. Es geht um wirtschaftliches Potential bei den mehr als 200 Millionen Einwohnern und um einen neuen Ansatz im Kampf gegen organisiertes Verbrechen. Die Legalisierung von Cannabis Medizin ist also in ihrer Ausrichtung abhängig von Land und Kultur – bei ihren Vorteilen jedoch unübersehbar und das hat sich selbst bis zum Zündler Jair Bolsonaro herumgesprochen. Bleibt zu hoffen, dass der Ex-Militär aus einer Laune heraus die Hanffelder nicht anzündet wie vor kurzem noch den Regenwald.
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